Die meisten Ökonomen sehen den Brexit als Gefahr. Beim Münchener Ifo-Institut überraschte der Wirtschaftsprofessor und frühere Thatcher-Berater Patrick Minford mit seinen Thesen. Trotz aller politischen Wirren ist er überzeugt: Der Brexit macht die Briten reicher.
In diese explosive Gemengelage fiel ein Auftritt des Brexit-Vordenkers Patrick Minford beim renommierten Ifo-Institut in München. Professor Minford, 75, ist Ökonom an der University of Cardiff. Er beriet bereits Margaret Thatcher in wirtschaftlichen Fragen. Heute gilt er als wichtigster ökonomischer Einflüsterer der sogenannten European Research Group, der von Jacob Rees-Mogg geleiteten Gruppe konservativer (Tory-)Parlamentarier für den Brexit.
Kontroverse Sprengkraft bekam die Zusammenkunft in München dadurch, dass das Ifo-Institut Grossbritannien am liebsten in der EU behalten möchte. Der ehemalige Präsident der Organisation, Hans-Werner Sinn, spricht sich für die Wiederholung des BrexitReferendums aus – teilweise aus eigennützigen Gründen: Er befürchtet, dass die EU unter dem Wegfall ihres marktwirtschaftlichen Gewissens leiden werde. Aber auch den britischen Wählern, sagt Sinn, sei in der Brexit-Kampagne von den Austrittsbefürwortern ein X für ein U vorgemacht worden.
Protektionistischer Moloch
Der Brexit, so lautet die Haltung des Ifo-Instituts, sei schlecht für Grossbritannien und schlecht für die EU. Patrick Minfords These hingegen: Der Brexit ist gut für Grossbritannien, egal, wie sich die EU verhalte. Und das Brexit-Gebaren der EU war das sensibelste Thema in München. Über das letzte Jahr hatte das Ifo-Institut immer wieder an die Kommission und an die deutsche Bundesregierung appelliert, mit den Briten pfleglich umzugehen, um den wirtschaftlichen Flurschaden zu begrenzen. Bislang stiess diese Position auf taube Ohren. Eher im Gegenteil: Laut dem ehemaligen britischen Brexit-Staatssekretär Dominic Raab brüstet sich der Kabinettschef der Kommission, Martin Selmayr, von Haus aus ein Bayer, damit, dass «Nordirland der Preis ist, den Grossbritannien für den Brexit zahlen muss».
Das derzeitige Verhalten der EU-Kommission verglich Minford mit einer «Prügelstrafe mit dem Rohrstock». Die EU wolle Grossbritannien übers Knie legen: «You beastly Brits», ihr garstigen Briten, «ihr wollt das EU-Empire verlassen. Nehmt das!», worauf er seinen Arm theatralisch herumsausen liess und das Pfeifen des Rohrstocks beim Durchschneiden der Luft imitierte: «Seht her, das passiert mit denen, die das Empire verlassen!» Auf diese Weise war das ernste Thema fürs Erste so weit aufgelockert, dass der Professor mit seiner Kernbotschaft fortfahren konnte.
Die EU, sagte Minford, liberalisiere im Inneren den Güterverkehr, aber sie sei nach aussen ein protektionistischer Moloch. «Sie zieht Zollschranken und regulatorische Mauern hoch», vor allem in den Bereichen Agrarwirtschaft und Industrie. Das komme zuvorderst den französischen Bauern und der deutschen Industrie zugute, den mächtigsten Brüsseler Lobbygruppen. Für die Konsumenten verteuern diese Zölle die betreffenden Güter durchschnittlich um 20 Prozent, rechnete der Brexit-Ökonom vor. «Durch die Mitgliedschaft in der EU sind wir gezwungen, europäische Güter zu überhöhten Preisen zu erstehen.» Nach einem Brexit hingegen könne der britische Konsument Nahrungsmittel aus den USA oder Autos aus Südkorea zum Weltmarktpreis kaufen, was das verfügbare Einkommen und den Wohlstand steigere. Worauf ein distinguierter Herr mit Tweed-Jacke im Publikum kopfschüttelnd raunte: «Der spricht ja wie Boris Johnson!»
Am Rande des Showdowns beim Ifo-Institut konnte die Weltwoche mit Patrick Minford ausführlich über die aktuelle politische Ausgangslage sprechen. Das Unterhaus hat am 14. Februar nächstmals Gelegenheit, sich mit dem Brexit zu befassen. Die grosse Frage ist, ob Theresa May bis dahin die vom Parlament verlangten Konzessionen von Brüssel bekommt.
Das bemerkenswerteste Ereignis der jüngeren Vergangenheit, sagt Minford, sei die Einigung der konservativen Partei vor den Parlamentsabstimmungen letzte Woche gewesen. Die Regierungspartei habe sich zusammengerauft und spreche jetzt mit einer Stimme: Der sogenannte Northern Ireland backstop, welcher Grossbritannien dauerhaft in der EU-Zollunion halten könnte, sei unannehmbar. Minford, der gute Kontakte zu Tory-Parlamentariern hat, rechnet nicht damit, dass diese Einigung wieder zerbröselt. Sie werde von der Parteibasis breit getragen. Jeder Abweichler würde zwangsweise bei den nächsten Wahlen den Zorn der Wähler auf sich ziehen. Die Angst vor der «deselection», der Abwahl, mache die Runde.
«No deal» ist wahrscheinlich
Sofern die EU sich nicht bewege, sei der «No deal»-Brexit mittlerweile das wahrscheinlichste Szenario. «Je schneller wir aus der Zollunion draussen sind und Freihandelsabkommen mit Ländern ausserhalb der EU abschliessen können, desto besser.» Sollte die EU aber die Forderungen des britischen Parlaments erfüllen, dann sieht der Tory-Kompromiss eine verlängerte Übergangszeit bis 2021 vor, während der die neuen Beziehungen definitiv ausgehandelt werden sollen. Zudem würde Grossbritannien der EU die geforderten 39 Milliarden Pfund bezahlen. Aus prinzipiellen Gründen sei zwar «No deal» diesem Arrangement klar vorzuziehen, sagt Minford, aber aus politischen Erwägungen befürworte er gleichwohl den Kompromiss der Konservativen. «Ohne diesen würde der Brexit möglicherweise ganz abgeblasen.»
Was den «No deal»-Brexit betrifft, sieht Minford keine grösseren Probleme auf die Wirtschaft zukommen. Die Rückfallposition des Güterhandels auf Basis der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) sei sehr solide. Die EU könne nicht plötzlich sagen, dass die britischen Güter, welche jahrzehntelang unsere Standards erfüllt hätten, von einem Tag auf den anderen nicht mehr konform seien. Sollte die EU plötzlich britische Güter willkürlich diskriminieren, könne Grossbritannien vor der WTO klagen.
Auch die Vorstellung, dass sich die Lastwagen an der Grenze am 30. März kilometerlang stauten, sei weltfremd. «Die Zollabfertigung findet heute nach den Regeln der WTO bereits vor dem Grenzübertritt auf elektronischem Weg statt.» Aufgrund dieser modernen Zolltechniken sei auch die Grenzziehung in Nordirland kein Problem. «Das ist ein von der EU künstlich als politische Waffe konzipiertes Problem», so Minford.
Damit widerspricht er dem Ifo-Doyen Hans-Werner Sinn, welcher der Meinung ist, dass die Briten die Probleme mit Nordirland bei der Brexit-Abstimmung zu wenig präsent gehabt hätten und von der «Leave»-Kampagne in die Irre geführt worden seien. Minford kontert: «Hans-Werner Sinn ist ein guter Freund vom mir. Darum darf ich sagen: Das ist absoluter Unsinn.» Während des Abstimmungskampfs für das Referendum seien alle massgeblichen Argumente auf den Tisch gekommen, und jeder Wähler habe sich eine fundierte Meinung bilden können. «Grossbritannien ist kein Land wie Holland oder Irland, wo man so lange abstimmt, bis das Ergebnis stimmt.»
Zurück zu Minfords öffentlichem Auftritt vor den Bayern: Abschließend warnte er die EU davor, ihre konfrontative Haltung fortzusetzen. Leider jedoch schienen die aggressiven Äußerungen von Guy Verhofstadt, Fraktionschef im EU-Parlament («an unpleasant idiot», ein unsympathischer Idiot), derzeit charakteristisch für Brüssel zu sein. Jetzt sei höchste Zeit, den Rohrstock wieder einzupacken. Sollte die Kommission ihre Bestrafungsaktion durchziehen, dann werde dies langfristig verheerende Auswirkungen auf die öffentliche Meinung in Großbritannien haben. Doch die EU führe sich derzeit auf, als habe sie einen Krieg gewonnen und Großbritannien zur Kapitulation gezwungen. Wie die Geschichte zeige, «vergiftet so ein Auftreten die gegenseitige Beziehung für mindestens eine Generation». Zustimmendes Raunen im Zuschauerraum.
Ginge es nach dem Publikum des Ifo-Instituts, man hätte wohl am selben Abend noch ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien unterzeichnen können. Nach seiner Rede wurde Minford von Zuhörern umgarnt, welche ihre Hoffnung ausdrückten, dass die wirtschaftlichen Beziehungen auch nach dem Brexit gut blieben. Ein Teilnehmer sagte, ihn erinnere der ganze Brexit-Alarmismus an die Angst vor dem Computer-Supergau zur Jahrtausendwende. «Am 30. März wachen wir alle auf, und das Leben geht weiter.»
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Ein Bericht von den Netzfrauen
Brexit – die Finanzhaie mischen mit
Während sich der Europäer noch in einer Schock-starre befindet, sagen sich Investmentbanker – der Herde immer einen Schritt voraus. Wie das ausschaut, sehen wir an dem Finanzhai George Soros. Er wettet gegen die Deutsche Bank. Sein Hedgefonds Soros Fund Management setzte am Freitag kurz nach dem britischen Votum für einen EU-Austritt eine 100 Millionen Euro schwere Wette auf einen weiteren Kursverfall der Aktie des größten deutschen Kreditinstituts – und gewinnt. Siehe auch: Deutsche Bank am Boden und wird zum Sanierungsfall und ein neuer Skandal kommt zu den vielen anderen hinzu!
Soros ist 88 Jahre alt und bekannt wurde er einst mit seiner Wette gegen das britische Pfund 1992. Mit über zehn Milliarden Dollar setzte er auf eine Abwertung der britischen Währung und zwang damit sogar die mächtige Bank of England in die Knie. Die Pfundkrise war eine Spekulation gegen das Britische Pfund, die das Europäische Währungssystem (EWS) beinahe zum Einsturz brachte. Diese Spekulation brachte Soros einen Milliardengewinn und den Beinamen „The man who broke the Bank of England“ ein. Sein Vermögen soll 24 Milliarden Dollar betragen.Vor zehn Jahren waren es laut dem US-Magazin Forbes 7,2 Milliarden Dollar. Im Jargon der Börse löst sich Geld gern „in Luft“ auf oder „wird verbrannt“. Das ist falsch. Denn das Vermögen ist nicht weg, sondern nur woanders. Siehe auch: Zockerparadies Griechenland – und die Zeche bezahlen…
Mit Leerverkäufen können Anleger an der Börse auch bei fallenden Kursen Geld verdienen. Dafür verkaufen sie Aktien, die sie sich zunächst nur geliehen haben. Fällt der Kurs der Aktie danach, können sie die geliehenen Papiere später billiger wieder am Markt einsammeln und zurückgeben. Konkret verkaufte der Fonds nun gut sieben Millionen zuvor geliehene Aktien. Eine ähnliche Handelsposition ging laut Bundesanzeiger auch der Londoner Hedgefonds Marshall Wace ein, der vor zwei Jahren schon vom Untergang der portugiesischen Banco Espirito Santo profitiert hatte.
„Wenn Leute wie ich ein Währungsregime stürzen können, stimmt das System nicht.“ George Soros
Es gibt Gewinner und Verlierer und viele Meinungen. Eine haben wir für Sie als Gastkommentar hier veröffentlicht. Matthias Weik und Marc Friedrich schrieben 2012 gemeinsam den Bestseller “Der größte Raubzug der Geschichte – warum die Fleißigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden“. Es war das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2013. In ihrem zweiten Buch, „Der Crash ist die Lösung – Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten“, haben sie u. a. die EZB Leitzinssenkung und Minus-zinsen für die Banken, die Absenkung des Garantiezinses bei den Lebensversicherungen sowie den Ausgang der EU-Wahl richtig prognostiziert. „Der Crash ist die Lösung“ war das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2014. Im Mai 2016 erschien ihr drittes Buch „Kapitalfehler – Wie unser Wohlstand vernichtet wird und warum wir ein neues Wirtschaftsdenken brauchen“, welches es auf Anhieb auf die Spiegel -Bestsellerliste schaffte. Sie haben bereits mehrfach für unsere Leser geschrieben. Hier der Kommentar:
Der Anfang vom Ende der EU und des Euro
Es ist passiert – die Briten haben dem Bürokratiemonster EU mit seinen offensichtlich völlig weltfremden Kommissaren die rote Karte gezeigt. Entgegen vieler Prognosen und trotz einer immensen Angstkampagne der EU-Befürworter haben sich die Briten anders entschieden und somit Schockwellen in die ganze Welt gesendet. Nicht nur ins politische Establishment, sondern auch an die Finanzmärkte von Japan bis Chile. Dieses „Black Swan“-Ereignis hat so manchen Politiker auf dem falschen Fuß erwischt. Die Reaktionen waren drastisch, ja fast schon beleidigt – man war wohl zu siegessicher. Erst wollte man die Briten nicht gehen lassen und nun will man sie so schnell wie möglich los werden – am liebsten schon gestern. Die Strategie der Angstmacher ist nicht aufgegangen. Die Briten haben sich nicht einschüchtern lassen, sondern sich gegen die EU und für mehr Selbstbestimmung entschieden. Auch wenn es offensichtlich zahlreichen Politikern nicht passt, ist diese demokratische Entscheidung des britischen Volkes zu akzeptieren – so funktioniert nun mal Demokratie. Erschreckend ist das Demokratieverständnis einiger Politiker, wenn zum Beispiel Volker Kauder (CDU) die britische Regierung mit der Aussage kritisiert: „In Deutschland wäre eine solche Entscheidung nicht möglich.“.
Im Gegensatz zum allgemeinen Tenor, der von einem traurigen und schwarzen Tag für Europa spricht, sehen wir es positiv. Es ist ein guter Tag für die Menschen, für die direkte Demokratie und wir sind davon überzeugt auch für Europa. Gerade wenn man die Bürger Europas wieder in die demokratischen Entscheidungsprozesse mit aufnimmt, entzieht man extremen Kräften ihren Nährboden, entgegnet der gefährlichen Politikverdrossenheit und schafft ein Europa der Menschen, welche sich damit besser identifizieren können.
Was sind die Folgen des Brexit? Die EU verliert mit Großbritannien nach Deutschland und Frankreich den drittgrößten Nettozahler und ungefähr 20 Prozent ihrer Wirtschaftskraft sowie die zweitgrößte Volkswirtschaft, die drittgrößte Bevölkerung und das europäische Finanzzentrum London. Ferner wird die EU einen von zwei ständigen Sitzen im UN-Sicherheitsrat verlieren. Des Weiteren verliert die Regierung Merkel auch einen ihrer wichtigsten Verbündeten, einen Verfechter einer liberalen Wirtschaftspolitik. Zukünftig wird ein anderer Wind wehen und die Länder des Südens werden mehr europäische Ausgaben fordern. Es wird also teurer für uns.
Wie konnte es soweit kommen? Was sind die Ursachen für das Wahlergebnis? Vorab: Nicht Europa ist gescheitert, sondern die EU mit ihrer Fassadendemokratie. Das ist ein meilenweiter und wichtiger Unterschied.
Eine EU der Institutionen, Elfenbeintürme und Bürokratien, eine EU der feudalen Kommissare, von denen sich viele Bürger Europas schon lange nicht mehr abgeholt fühlen. Ein aufgeblähter bürokratischer Wasserkopf, der die Bürger Milliarden kostet. Die Europäische Kommission, die das einflussreichste Organ der EU ist, wird vom Europäischen Rat nominiert – und zwar unter Ausschluss der Öffentlichkeit! Zwar muss die Kommission vom Parlament bestätigt werden, was unter anderem die Gewaltenteilung sichern soll, doch wirkt das angesichts der schwachen Position, die das Parlament innehat, wie Hohn. Eine EU mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission – dem schelmischen Luxemburger Jean-Claude Juncker – der sein Land zu einer riesigen Steueroase für Großkonzerne gemacht hat und uns jetzt etwas von Steuergerechtigkeit erzählt, kann man nicht wirklich ernst nehmen.
Die Briten haben eine EU abgewählt, die von uns Bürgern zu Recht erwartet, dass wir uns an die Gesetze halten. Warum ist es jedoch legitim, dass Staaten, Regierungen und somit Politiker gegen Recht und Gesetz verstoßen dürfen – und das am laufenden Band ohne Konsequenzen? Seinen Anfang nahm dieses Gebaren bei den Maastrichter Verträgen von 1992. Das jährliche öffentliche Haushaltsdefizit (Neuverschuldung) darf 3 Prozent des BIP nicht überschreiten, und die Gesamtschulden der öffentlichen Hand dürfen nicht mehr als 60 Prozent des BIP ausmachen. Inzwischen hält sich längst kein Land mehr an die Maastrichter Kriterien. Als erstes waren es übrigens wir, die Hand in Hand mit Frankreich das Fundament störten, weil zwei sozialistische Parteien in beiden Ländern Wahlversprechen finanzieren mussten. Gleiches gilt auch für die sogenannte No-Bailout-Klausel (Kein Land haftet für die Schulden der anderen), die ebenfalls ein Teil des Maastricht-Vertrages ist und im Zuge der Krisen seit 2008 als alternativ-los ad acta gelegt wurde.
Sie haben ein Schlaraffenland der EU-Bürokraten abgewählt, denn fiskalisch misst die EU mit zweierlei Maß.
Auf der einen Seite geht sie massiv gegen Steuerschlupflöcher und Steueroasen vor. Für die eigenen Mitarbeiter hingegen gelten andere Regeln. Trotz besserer Bezahlung zahlen EU-Beamte nämlich wesentlich weniger Steuern als Beamte, die in Deutschland auf vergleichbaren Posten arbeiten. Wie kann das sein? EU-Beamte unterliegen nicht den nationalen Steuersätzen. Statt an den deutschen Staat zahlen sie eine Gemeinschaftsteuer, die in den EU-Haushalt fließt. So zahlt ein allein-stehender Topverdiener an die EU etwa 25 Prozent des Bruttoeinkommens an Steuern. Wäre er nicht in Brüssel, sondern in Deutschland beschäftigt, hätte er satte 39 Prozent an das Finanzamt abzuführen.
In Sachen Bruttogehalt übertrumpfen selbst bescheidene Posten bei der EU das Salär unserer Kanzlerin – über 4000 EU-Beamte verdienen mehr als sie. Annähernd so viel wie die Kanzlerin verdient beispielsweise ein Referatsleiter mit Personalverantwortung für eine Abteilung in der Größenordnung von ein paar Dutzend Mitarbeitern. Da sich die EU ständig vergrößert, wurde mit dem Vertrag von Lissabon eine Reduzierung der Mitglieder der Europäischen Kommission beschlossen. Gekippt wurde das ehrenwerte Vorhaben aber schon wieder im Mai 2013
Seit dem Beitritt Kroatiens im Sommer 2013 zählt die Kommission 28 Mitglieder, die es jeweils auf ein Jahresgehalt in Höhe von 300 000 Euro bringen. Neben einem fünfköpfigen Kabinett nebst diversen Sekretären steht ihnen laut Bund der Steuerzahler ein Dienstwagen, der monatlich 2000 Euro Leasing kosten darf, und ein Fahrer zu. Zum üppigen Grundgehalt der EU-Parlamentarier kommen allerlei Zulagen – steuerfrei versteht sich – und Privilegien. So werden der Schulbesuch oder das Studium der Kinder mit monatlich 330 Euro bezuschusst und – je nach Grundgehalt – eine Haushaltszulage von 200 bis maximal 517 Euro gewährt. Für Heimfahrten fällt Extra Urlaub an. Entfernungen von 251 bis 600 Kilometern werden mit zwei Tagen vergütet; bei mehr als 2000 Kilometern gibt es sechs Sonderurlaubstage. Für Beamte aus Portugal oder Griechenland ergeben sich somit 45 zusätzliche freie Tage im Jahr. Vielleicht war deshalb die Reaktion aus Brüssel dermaßen empört, weil den Sonnenkönigen Angst und Bange wird um ihre Privilegien und fürstlichen Pensionen.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis in den Niederlanden, Finnland, Schweden, Italien, Dänemark und Frankreich das Verlangen nach einer Abstimmung über den Verbleib immer größer werden wird. Spätestens wenn sich die französische Bevölkerung gegen die EU entscheidet, ist es vorbei mit dem Kunstprojekt EU und seinem Währungsexperiment Euro. Die Chance, dass dies geschieht, ist keinesfalls abwegig. Die französische Wirtschaft kommt nicht in die Gänge. Die Industrieproduktion des Landes befindet sich auf dem Niveau von 1994 und die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor insbesondere unter den Jugendlichen sehr hoch. Fakt ist: Frankreich, aber auch Italien, Spanien, Portugal, Griechenland haben eine Rekordverschuldung und es geht ihnen heute unter dem Euro – welcher für diese Länder viel zu stark und für uns viel zu schwach ist – schlechter als unter ihren eigenen Währungen. Wie viele Beweise benötigen die Damen und Herren in Brüssel noch, dass der Euro nicht funktioniert und Zwiespalt statt Einheit bringt? Aus diesen Gründen ist es keinesfalls überraschend, dass politische Extremisten und Separatisten jeglicher Couleur auf dem Vormarsch sind.
Der Brexit war der Anfang vom Ende der EU und des Euro.
Die Zerfallserscheinungen sind nicht mehr zu übersehen. Man kann nur hoffen, dass die Protagonisten den Warnschuss gehört haben und endlich die längst überfälligen und notwendigen Veränderungen durchführen. Wir benötigen keine politische und keine Währungsunion sondern eine starke Wirtschaftsunion. Europa als Friedensprojekt und Gemeinschaft ist nicht gescheitert – ganz im Gegenteil! Wenn jetzt die richtigen Lehren aus dem Scheitern der EU und den Wünschen der Menschen eingegangen wird, kann ein kerngesundes Fundament für die Zukunft aufgebaut werden. Werden heute nicht aus dieser Entscheidung des britischen Volkes die richtigen Konsequenzen gezogen und wird von den Politikern nicht erkannt, dass der Euro unseren Wohlstand peu a peu auffrisst und Europa trennt, anstatt es zu einen, und dass die irrsinnige Politik der Europäischen Zentralbank sich gegen die Menschen richtet, dann wird die EU, aber auch die europäische Idee gnadenlos scheitern. Das gilt es zu verhindern und es ist unsere bürgerliche Pflicht. Es ist mehr denn je Zeit für Realismus und nicht für Pessimismus. Wir hoffen, dass der heilsame Schock nun die wichtigen und überfälligen Veränderungen initiiert.
Großbritannien wird es glänzend gehen nach dem Brexit - No-Deal-Brexit ist noch besser!
Verlassen die Briten das sinkende EU-Mutterschiff?
Napoleon Bonaparte sagte Anfang des 19. Jahrhunderts: "Das Schlimmste in allen Dingen ist die Unentschlossenheit." Die Worte des französischen Kaisers scheinen heute besonders im britischen Parlament vergessen zu sein. Am Freitag, den 29. März 2019, um 23.00 Uhr hätte das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlassen sollen. Das wurde nun verschoben. Auf ein zufriedenstellendes Abkommen konnten sich die britischen Parlamentarier bisher nicht einigen.
Jasmin Kosubek sprach mit dem Banken-Insider Dr. Markus Krall über das Unterfangen, in das sich die Briten so köstlich verzettelt haben. Falls sie jedoch den Austritt schaffen sollten, entgingen sie größerem Unheil, so zumindest der Unternehmensberater.
Welche Schlüsse zieht eigentlich Deutschland aus dem nahenden BREXIT? Besonders der lukrative Bankensektor soll sich in der Bundesrepublik als nächstem Standort ein neues Zuhause schaffen. Die Vorteile des britischen EU-Abschieds für Deutschland: ein Beitrag von Nina Sang.
Ein Land ist aufgrund seiner Lage besonders vom BREXIT betroffen: Irland. Seine Grenze zu Nordirland und somit die einzige Festland-grenze Großbritanniens besteht seit mittlerweile knapp einem Jahrhundert. Es ist einer der am heftigsten umkämpften Territorialkonflikte Europas. Wie könnte der BREXIT auf diese alte, blutige Fehde Einfluss nehmen? Ein Beitrag von Alexander Palucki.
Mit den Wahlen zum Europäischen Parlament vor der Tür ist aber nicht nur der BREXIT ein wichtiger Faktor für die Zukunft der EU. In der Französischen Republik ist die Gelb-westen-Bewegung ein weiteres wichtiges Element, das die Verteilung der französischen Parlamentssitze in Straßburg bestimmen könnte. Etwa so, wie sie die Unruhen in Frankreichs Städten in den letzten 18 Wochen bestimmten.
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