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Dienstag, 23. Juli 2019

Drei Forderungen eines syrischen Flüchtlings an Bundeskanzlerin Angela Merkel!


Seit 2015 ist Herr Abboud als Flüchtling in Deutschland und wendet sich in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Da er sich selbst als Migrant in Deutschland über drei Jahre hinweg ein eigenes Bild machen kann, drückt er in seinem Brief einerseits seinen Dank aus, aber auch sehr deutlich seine Enttäuschung über die deutsche Flüchtlingspolitik - insbesondere Frau Merkels heuchlerische Syrien-Politik. Radikale und Straftäter unter den Flüchtlingen seien eine ernsthafte Gefahr für die Integration und das Gastland. Die deutsche Regierung hätte hier schnellstens handeln sollen, statt die Augen zu verschließen und diese radikale Mentalität sowohl in Deutschland als auch in Syrien zu verharmlosen. Deutschland sei dadurch zum Fluchtziel von Kriminellen geworden.
Nachdem etablierte Medien kein Interesse an einer Veröffentlichung seines Briefes zeigten, wandten sich deutsche Freunde an Kla.TV, mit der Bitte, den offenen Brief von Majd Abboud an Frau Merkel zu veröffentlichen. Aber hören Sie selbst, liebe Zuschauer, was Herrn Abboud dazu bewegt hat, die Bundeskanzlerin direkt aus seiner Asyl-Unterkunft anzuschreiben.



Offener Brief von Majd Abboud:

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
da das Ende Ihrer Amtszeit in Sicht ist, möchte ich dies zum Anlass nehmen, Ihnen ganz herzlich dafür zu danken, dass Sie mir und meinen Landsleuten Hilfe in der Not geleistet und Ihr Land für vor Krieg und Terror fliehende Menschen geöffnet haben. Dadurch haben Sie uns sehr viel Leid erspart. Wir sind hier in Sicherheit und haben die Möglichkeit, in Frieden zu leben.
Dennoch habe ich drei Anliegen an Sie, wenn Sie wirklich um das Wohl der Syrer im In- und Ausland besorgt sind:

1. Heben Sie bitte die Sanktionen gegen Syrien auf
Denn darunter leiden seit Jahren immer noch Millionen von Menschen, die ihre Heimat nicht verlassen können oder wollen.
Sanktioniert werden unter anderem Medikamente und medizinische Hilfsmittel wie Prothesen, die nach einem Krieg dringend benötigt werden.

2. Beenden Sie die Aufnahme und Unterstützung von radikalen Islamisten sowie Terroristen innerhalb als auch außerhalb Deutschlands
Leider musste ich in Deutschland erfahren, dass die Voraussetzungen für eine echte Integration kaum gegeben waren und es auch heute noch, nach drei Jahren, nicht sind. Deutschland kam den Geflüchteten sehr stark entgegen, forderte von jenen aber kein Entgegenkommen ein. Erschwerend kam hinzu, dass die deutsche Identität für Zugewanderte kaum zu erkennen ist. Es scheint, als ob sich das Land dafür schäme und deswegen Schwierigkeiten hat, seine Werte zu vermitteln.
Ich habe seit langem darauf hingewiesen, dass sich viele Kriminelle mit radikalen Ansichten unter den Flüchtlingen befinden und dass Deutschland schnellstens handeln sollte.

Denn gerade wenn man von interkultureller Begegnung spricht, stellen die Radikalen und die Straftäter eine ernsthafte Gefahr für die Integration und das Gastland dar. Sie schaden dem Ruf jedes friedfertigen Migranten, befördern Vorurteile und erschweren den Integration´-willigen Flüchtlingen wie auch den „schon länger hier Lebenden“ das Leben.
Die deutsche Regierung hat davor viel zu lange die Augen verschlossen und diese radikale Mentalität sowohl in Deutschland als auch in Syrien verharmlost. Damit hat sie den Radikalen die Botschaft vermittelt, dass sie mit westlicher Unterstützung rechnen können, dass sie in Syrien jedes Verbrechen begehen und dennoch immer Schutz in Deutschland bekommen können. Deutschland ist dadurch zum Fluchtziel der Kriminellen geworden.
Ist es das, was Sie „schaffen“ wollten?
Es ist mehr als deutlich geworden, dass die deutsche Regierung an der Seite der islamistischen „Rebellen“ in Syrien steht. Dies erkennt man beispielsweise an der medialen Berichterstattung. Aus Ramstein wurden auch Waffen an die „Rebellen“ geliefert. Bei diesen sogenannten Rebellen handelt es sich nicht um Kämpfer für Freiheit oder Demokratie, sondern um Islamisten, die die Scharia propagieren und die keine abweichende Meinung oder Lebensweise dulden, sondern hart bestrafen. Es handelt sich um Täter, die sich als Opfer präsentieren und ebenso von westlicher Seite dargestellt werden.
Die Unterstützung dieser „Rebellengruppen“ wird oft mit angeblich erfolgten oder drohenden Angriffen auf die Zivilbevölkerung begründet. Als Beweis werden Videoaufnahmen und Fotos herangezogen. Doch viele Fälle in der Vergangenheit haben gezeigt, dass man solches Material sehr genau überprüfen und hinterfragen muss.
In Syrien handelt es sich fast immer um dieselbe Quelle, nämlich die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR). Dabei handelt es sich um einen einzigen Mann, einen Exil Syrer, der seit 2010 in London lebt, mit der Muslimbruderschaft sympathisiert und das Bildmaterial an die Medien verteilt. Dadurch wurde die Gesellschaft in Syrien gezielt gespalten. Menschen wurden sektiererisch aufeinandergehetzt und ausgespielt. Wäre es nicht sinnvoll, diese „Beweise“ kritisch unter die Lupe zu nehmen, bevor man die weitreichende Entscheidung trifft, sich einer internationalen Koalition anzuschließen und sich in einen völkerrechtswidrigen Krieg verstrickt?
3. Stoppen Sie die Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete und schicken Sie den Menschen im Nahen Osten und der Welt Liebe, Bildung und Kultur aus dem Herzen Europas und nicht Konflikte und Kriegsgeräte
Auch die Kinder, die jeden Tag im Jemen verhungern oder gewaltsam umkommen, sollten nicht verschwiegen werden. Und statt ihnen Lebensmittel oder Medikamente zu schicken, erlauben Sie bewusst und bereitwillig, Panzer und Granaten zu liefern und lassen sogar die saudiarabischen Soldaten durch deutsche Experten trainieren, damit sie dort noch mehr Menschen töten können.
Sehr geehrte Frau Merkel, ich weiß, dass ich hier nur ein Syrer mit Asylaufenthalt bin. Meine Existenz hier in Deutschland ist ein Kollateralschaden eines unsinnigen Krieges; meine Stimme ist alles, was ich nun habe.
Und ich weiß nicht, ob meine Zeilen Sie jemals erreichen werden. Aber wenn Sie wirklich um das Wohl der Syrer im In- und Ausland besorgt sind, stellen Sie die Weichen, um eine Freundschaft zwischen dem Westen und dem Nahen Osten zu etablieren und sorgen Sie für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland.
Mit freundlichen Grüßen,
Majd Abboud

Interview:

Moderator: Vielen Dank, Herr Abboud! - Bitteschön. -
Herr Abboud, 2015 sind Sie hierher nach Deutschland gekommen. Uns würde interessieren, was Sie persönlich bewegt hat, Ihr Land, das sie offensichtlich lieben, zu verlassen, um hierher nach Deutschland zu kommen? 

Herr Abboud:
Also, ich habe die letzten Jahre in Syrien, 2013, 2014 und 2015 so erlebt: Das Leben in Syrien wurde immer unerträglicher. Zum Einen fehlte die Sicherheit. Besonders gefährlich war, wenn man zu einer der Minderheiten in Syrien gehörte, denn die islamistischen Rebellen haben viele Dörfer von einem auf den anderen Tag erobert und die Menschen dort bestialisch getötet. Zum Anderen waren die Lebensumstände äußerst katastrophal. Der Strom fällt größtenteils aus und aus diesem Grund konnte man seine Tätigkeiten nicht wie gewohnt ausüben. Das Gleiche passiert auch mit dem Wasser. Es mangelt an Geld, an Medikamenten, und deshalb stellte sich das Leben dort, in Syrien, sehr schwierig dar. Es mangelt eigentlich an vielem, meistens am Geld, da die Preise in die Höhe schnellten. Mit dem fehlenden Behandlungsmaterial musste ich die Praxis aufgeben. Viele Patienten konnten sich die Behandlungen nicht mehr leisten und so musste ich auf mein persönliches Honorar des Öfteren verzichten.

Moderator: Und so sind Sie dann hierher gekommen.

Herr Abboud: 
Es war keine einfache Entscheidung. Meine Familie hat gesagt, es sei ein Selbstmord, das Meer zu überqueren. Aber der Tod war eigentlich überall da, nur die Art und Weise war unterschiedlich. Meine Mutter hat gesagt, es wäre traurig, wenn wir getötet werden und niemand davon berichtet.

Moderator: 
In Syrien stellt sich gegenwärtig wieder der Alltag ein und der Wiederaufbau des Landes bewegt sich. Nun hört man Klagen und Verärgerung von jungen syrischen Frauen, weil sie die Familien über Wasser halten und Männerarbeit leisten müssen, da die Männer im Land fehlen. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Herr Abboud:
Ich finde es traurig, dass man sein Land verlassen muss, dass man woanders wieder von vorne anfangen muss und dass man gezwungen ist, sein ganzes Leben umzustellen und seine Heimat zu verlassen. Es ist aber so, man muss zu bedenken geben: Warum verlassen Leute ihre Heimat? Vielleicht hat das damit zu tun, dass das Leben dort nicht so attraktiv ist. 
Jetzt findet der Wiederaufbau Syriens statt, aber der Wiederaufbau Syriens wurde durch die Sanktionen an Syrien verhindert! Man darf gar nichts importieren oder exportieren, unsere Bodenschätze fehlen, große Gebiete wurden zum Beispiel von Türken oder von der Koalition kontrolliert und deshalb haben wir keinen Zugang auf unsere Bodenschätze. Gleichzeitig wurde das syrische Volk sanktioniert. Zum Beispiel haben wir früher Medikamente gegen Krebs von Frankreich importiert und diese fehlen uns jetzt.
Deshalb ist es gut, dass der Krieg jetzt zu ende ist und dass der Wiederaufbau Syriens stattfindet. Doch diese Sanktionen sind eine kollektive Strafe für das syrische Volk. Ohne diese Sanktionen aufzuheben, kann in Syrien kein Leben stattfinden! Es ist äußerst schwierig. Ich finde es unakzeptabel, dass eine Gruppe von Menschen bestraft wird, nur weil sie eine andere politische Meinung haben! Egal, ob sie auf der Seite der Regierung oder auf der Gegenseite stehen, aber wir sind alle Menschen! Wenn eine Großmacht die Weltherrschaft beansprucht, dann muss diese Macht beweisen, dass sie moralisch dazu in der Lage ist, das zu machen. Und diese Sanktionen sind unmoralisch.
Es ist eine Ironie, wenn man sagt, Kriege würden aus menschlichen Gründen geführt. Oder auf der anderen Seite, die islamistischen Rebellen denken, dass sie heilige Kriege führen. Kriege sind niemals menschlich oder heilig. Kriege sind unmenschlich und teuflisch.

Moderator: Ja, vielen Dank bis hierher. Liegt Ihnen zum Abschluss noch etwas dringend auf dem Herzen, was Sie uns mitteilen möchten?

Herr Abboud:
Auf dem Herzen liegt eigentlich viel. Man hat in den letzten zehn Jahren viel erlebt. Sowohl in Syrien, als auch in Deutschland. Und es hilft gar nicht, darüber zu sprechen: „Wer hat das angefangen? Wer ist woran schuld?“ Ich denke, es ist Zeit: Wir als Syrer brauchen eine große Vergebung. Und wir brauchen die Heilung unserer Wunden, damit wir wieder miteinander in Frieden leben können, und auch, damit wir unser Land aufbauen können. Mir liegt auch diese Kooperation zwischen dem Westen und bestimmten Gruppen oder oppositionellen Gruppen in Syrien oder im arabischen Raum, nämlich der Muslimbruderschaft, am Herzen. Ich finde es gut, dass der Westen so offen ist, aber eine echte Beziehung oder Freundschaft braucht die richtigen Ansprechpartner. Die Muslimbruderschaft ist nicht der richtige Ansprechpartner für diese Partnerschaft.

Moderator: Es bräuchte also eine Alternative?

Herr Abboud: 
Es gibt viele Alternativen eigentlich. Aber im arabischen Raum oder besonders in Syrien fühlen sich die Liberalen, die Sozialisten, vom Westen im Stich gelassen. Und das finde ich sehr traurig.
Moderator: Vielen Dank, Herr Abboud, vielen Dank! 

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